#8. Die VFX-Pipeline: Vom Konzept bis zur Fertigstellung
Die Pipeline
Für Laien erscheinen der Aufbau und die Funktionsweise eines VFX-Studios oft als ein undurchsichtiges Rätsel. Betritt man einen solchen kreativen Raum, wird man zunächst von einer Flut aus Bildschirmen begrüßt, auf denen scheinbar chaotisch verteilte, schwer verständliche Bilder flimmern. Selbst wenn man näher hinsieht, bleibt die Bedeutung der gezeigten Inhalte rätselhaft. Komplizierter wird es noch durch die Fachsprache der VFX-Spezialisten, die mit ihren kryptischen Begrifflichkeiten für die verschiedenen Arbeitsschritte und dem mysteriösen Ausdruck „The Pipeline“ für den gesamten Produktionsprozess Außenstehenden kaum eine Chance geben, den Ablauf zu verstehen.
In diesem Kapitel ist es das Ziel, Licht ins Dunkel zu bringen und die einzelnen Prozessschritte, die in einem VFX-Studio durchlaufen werden, detailliert zu erläutern. Diese sollen zudem in den üblichen zeitlichen Rahmen einer Filmproduktion eingeordnet werden, um ein besseres Verständnis für deren Einbindung in das größere Ganze zu schaffen. Es ist dabei wichtig zu betonen, dass jedes VFX-Projekt seine Eigenheiten besitzt und jedes Studio aufgrund seiner individuellen Erfahrungen und Erkenntnisse eigene Strukturen entwickelt hat.
Vor diesem Hintergrund wird klar, dass es nicht möglich ist, eine universelle „Pipeline“ zu definieren, die für alle VFX-Studios gleichermaßen gilt. Trotz dieser Herausforderung zielt das Kapitel darauf ab, einen fundierten Überblick über die gemeinhin üblichen Strukturen und Abläufe innerhalb der VFX-Branche zu vermitteln, um so ein besseres Verständnis für die komplexe Welt der visuellen Effekte zu fördern.
Pre-Production
Der erfolgreiche Verlauf einer VFX-Produktion beginnt bereits weit vor der Post-Production. Im Gegensatz zur verbreiteten Annahme, dass VFX erst nach den Dreharbeiten bearbeitet werden, ist bei aufwendigen VFX-Projekten ein solcher Ansatz riskant und ineffizient. Für eine optimale Integration von VFX ist es entscheidend, diese schon in den frühen Phasen der Produktion zu berücksichtigen und das Fachwissen des VFX-Teams in die Planungsprozesse einzubeziehen. Ein Schlüsselmoment hierfür ist das Pre-Production Meeting (PPM), an dem neben dem VFX-Team auch die Leiter der verschiedenen Produktionsbereiche teilnehmen: Regie, Kamerabereich, Szenenbild, Kostümdesign, Produktionsleitung und weitere. Während dieses initialen Meetings ist es nicht machbar, jeden einzelnen Shot zu besprechen. In darauffolgenden Sitzungen werden die Szenendetails mit den jeweiligen Abteilungen verfeinert, wobei das VFX-Team auch an Ortsbesichtigungen für geplante VFX-Shots teilnimmt. In einigen Fällen wird ein VFX-Producer seitens der Produktion beauftragt, um diese komplexen Prozesse zu überwachen. Obwohl dies eine kluge Entscheidung ist, ist es nicht zwingend erforderlich, da viele erstklassige VFX-Studios über das notwendige Know-how verfügen, um diese Aufgaben selbst zu steuern.
Während der Vorbereitungsphase fallen dem VFX-Team zahlreiche Aufgaben zu: Es erstellt einen detaillierten Breakdown und eine Kostenkalkulation, um am Ende des Projekts finanzielle Überraschungen zu vermeiden. Angesichts der Tatsache, dass VFX einen erheblichen Teil des Budgets ausmachen können (bei kleineren Projekten 10-15%, bei größeren bis zu 20-25%, in einigen Fällen sogar bis zu 50%), ist eine frühzeitige Einbindung des VFX-Teams unerlässlich. Nur durch die Zusammenarbeit aller Schlüsselpersonen der Produktion - von der Regie über die Produktions- und Aufnahmeleitung bis hin zu Szenenbild, Kostümdesign, Maske, Stunts und Special Effects - lassen sich die Kosten effektiv kontrollieren und gleichzeitig technische, kreative und organisatorische Lösungen finden, die eine sinnvolle Aufteilung der Arbeit ermöglichen. So wird die kreative Vision effizient und erfolgreich realisiert.
- Research and Development (R&D)
Innerhalb eines VFX-Studios zählt die Forschungs- und Entwicklungsabteilung zu den Kernbereichen. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf der Exploration und Erprobung innovativer Techniken sowie der Eigenentwicklung spezifischer Software-Tools. Diese Instrumente sind unerlässlich, um Produktionsprozesse zu optimieren, bestehende Verfahren zu beschleunigen und die Effizienz zu steigern oder gar neuartige VFX zu kreieren. Angesichts der wachsenden Erwartungen des Publikums an immer beeindruckendere VFX, obliegt es den VFX-Studios, kontinuierlich die Grenzen des technisch Realisierbaren zu verschieben. Die Nutzung standardisierter Software reicht hierfür nicht aus. Daher widmet sich ein interdisziplinäres Team aus Programmierern, Wissenschaftlern, Mathematikern und Artists der Entwicklung dieser Tools, die entweder als Skripte oder Plug-Ins in bestehenden Softwareumgebungen oder als eigenständige Anwendungen fungieren.
In einigen Fällen wird für spezielle Projekte ein dediziertes Forschungs- und Entwicklungsteam aufgestellt, doch üblicherweise profitiert das gesamte Studio von den Innovationen, da die entwickelten Werkzeuge häufig auch in anderen Projekten Anwendung finden.
Große Studios verfügen oft über umfangreiche R&D-Kapazitäten und bringen ihre Softwarelösungen entweder als eigenständige Produkte auf den Markt oder bieten sie der Community kostenfrei an, wie etwa Pixars Renderman.
Im Gegensatz dazu haben kleinere Studios meist keine spezialisierte F&E-Abteilung. Hier übernimmt der Technical Director (TD) innerhalb jeder Abteilung die entsprechenden Aufgaben. Kleinere Studios versuchen häufig, diesen Nachteil durch Partnerschaften mit Softwareanbietern auszugleichen, indem sie beispielsweise als Betatester frühzeitig Zugang zu neuen Softwarelösungen erhalten.
- Tests
Im Rahmen der Pre-Production erfolgen spezifische Tests, deren Ziel es ist, dem Kunden einen Einblick in einen gewünschten Look oder Stil zu gewähren oder ihn für eine bestimmte kreative bzw. technische Lösung zu gewinnen. Solche Tests münden oft in einem Proof of Concept, der nicht nur dem Kunden, sondern auch dem VFX-Studio erheblichen Nutzen bringt. Durch diese Tests lässt sich die Komplexität der anstehenden Produktion abschätzen und potenzielle Schwächen in den Produktionsprozessen, der Teamstruktur und anderen Bereichen identifizieren.
Die Durchführung dieser Tests obliegt den versiertesten Kreativen, die dabei eng mit der Forschungs- und Entwicklungsabteilung zusammenarbeiten. In einigen Fällen dienen diese Tests auch als Marketingwerkzeug. Indem das VFX-Studio Testaufnahmen produziert, kann es potenzielle Kunden von seinen Kapazitäten überzeugen und sich so Aufträge für Projekte sichern. Diese Strategie kommt besonders bei außergewöhnlichen Projekten zum Einsatz, bei denen es darum geht, zu beweisen, dass das Studio in der Lage ist, einen einzigartigen visuellen Stil zu kreieren oder neue, bislang unbekannte Projekte erfolgreich zu realisieren.
- Modeling
Im Bereich des Modeling Departments entstehen virtuelle 3D-Konstruktionen – Figuren, Objekte und Szenen werden digital zum Leben erweckt. Der Prozess des Modellings nimmt seinen Anfang bereits in der Pre-Production, um eine frühzeitige Vorvisualisierung zu ermöglichen. Das Ziel ist es, die Entwicklung der Modelle vor dem Start der Post-Production abzuschließen, damit die Bearbeitung der Filmaufnahmen ohne Unterbrechungen fortgesetzt werden kann. In einigen Fällen findet die Feinabstimmung der Modelle jedoch erst während der Post-Production statt.
- Pre-Vis
Im Zuge der Vorbereitungsphase für VFX wird ein Storyboard für die VFX-Sequenzen entwickelt. Gelegentlich stellt der Auftraggeber dieses bereit, doch häufiger entsteht es durch eine intensive Kollaboration zwischen dem VFX-Studio und der Filmregie. Anfangs in skizzierter Form angelegt, wird dieses Storyboard nach und nach in eine dreidimensionale Darstellung überführt. Dabei werden die Handlungsabläufe und Kameraführungen mittels rudimentärer 3D-Modelle visualisiert.
Die Grundidee besteht darin, die Regisseurin oder dem Regisseur eine genaue Vorstellung der Szene zu vermitteln und ihm die Möglichkeit zu geben, verschiedene Einstellungen auszuprobieren, bevor mit den endgültigen und kostspieligen Dreharbeiten begonnen wird. Auf dieser Basis kann das VFX-Studio mit den ersten Bearbeitungsschritten beginnen, was der Produktion einen Zeitvorteil verschafft und sich positiv auf den gesamten Zeitplan auswirkt.
Die Erstellung des Pre-Visualisierungs-Materials wird in der Regel von Animatoren übernommen. Sie setzen die Szenen in vereinfachter Qualität um. Es entstehen mehrere Entwürfe, die zur Diskussion gestellt werden, ehe die definitive Sequenz der Szene beschlossen wird. Obwohl das Pre-Vis vornehmlich als Leitfaden am Set dient, stimmen die fertigen Aufnahmen oft nahezu exakt damit überein, wobei es gelegentlich auch zu signifikanten Abweichungen kommen kann.
- Concept Art (auch Visual Development oder Concept Design)
In dieser Phase werden die künstlerischen Grundlagen für die gesamte Produktion gelegt. Bei Produktionen, in denen Welten, Räume, Figuren oder Objekte neu erfunden und entwickelt werden müssen, ist diese Phase besonders arbeitsintensiv. Wenn das VFX-Studio nur eine bestehende Welt ergänzt oder reale Objekte/Figuren ersetzt, ist diese Abteilung nicht sehr wichtig oder gar nicht vorhanden.
Die Entwürfe werden von sehr guten Zeichnern oder Illustratoren in Zusammenarbeit mit der Regie, dem Szenenbild und den Kostümen entwickelt und dienen während der gesamten Produktion als künstlerische Referenz für alle Abteilungen.
Production
Die Production-Phase eines Films, oft auch Principal Production oder Principal Photography genannt, ist die Zeit, in der das Filmteam die Szenen am Set oder im Studio dreht. In dieser intensiven Phase sind die Schauspielerinnen und Schauspieler sowie die Crew vor Ort damit beschäftigt, die Vision der Regisseurin oder des Regisseurs zum Leben zu erwecken. Parallel dazu arbeitet das VFX-Team an der Vorbereitung der digitalen Assets.
Ein wichtiger Teil ihrer Arbeit ist auch weiterhin die Erstellung von Pre-Visualisierungen, die den Filmemacherinnen und Filmemachern helfen, sich komplexe Szenen vorzustellen, bevor sie gedreht werden und oft an die aktuellen Umstände am Set angepasst werden.
Mit dem Aufkommen der virtuellen Produktion hat sich die Rolle des VFX-Teams weiterentwickelt. Sie sind jetzt häufig damit beschäftigt, Inhalte für LED-Wände zu erstellen, die am Set verwendet werden, um realistische Hintergründe und Umgebungen zu schaffen. Dadurch können die Filmemacherinnen und Filmemacher in Echtzeit sehen, wie eine Szene aussehen wird, was die Post-Production erheblich erleichtern kann.
Neben der Arbeit im Studio ist das VFX-Team auch regelmäßig am Set. Ihre Anwesenheit ist wichtig, um sicherzustellen, dass alles richtig aufgenommen wird, damit die visuellen Effekte später leichter eingefügt werden können. Sie arbeiten eng mit der Regie, der Kamera und anderen Crewmitgliedern zusammen, um eine nahtlose Integration von Live-Action-Aufnahmen und digitalen Effekten zu gewährleisten.
- On-Set Data
Am Drehtag wird ein kleines VFX-Team am Set sein. Wenn komplexe Shots geplant sind, besteht das Team aus mehreren Personen. Es ist aber auch nicht ungewöhnlich, dass VFX-Mitarbeiter mehrere Aufgaben gleichzeitig übernehmen. Bei kleineren Produktionen übernimmt der VFX-Supervisor sogar alle Aufgaben. Das Team kann aus diesen Personen bestehen:
- Der VFX-Supervisor oder Plate-Supervisor unterstützt die Regie und die wichtigsten Produktionsabteilungen und stellt sicher, dass die VFX-Shots sowohl kreativ als auch technisch korrekt umgesetzt werden. Manchmal leitet er auch ein 2nd Unit Team und dreht einzelne Elemente selbstständig.
- Der VFX-Producer organisiert und plant den Einsatz des VFX-Teams. Er weist auch auf Probleme hin, die das Budget oder den Zeitplan beeinflussen könnten.
- Ein Animation Supervisor, wenn die Shots mit Animationen ergänzt werden.
- Ein Koordinator macht Notizen, protokolliert die VFX-Shots, übernimmt die Kommunikation mit den verschiedenen Abteilungen und unterstützt den VFX-Producer.
- Data Collectors oder Datensammler (manchmal auch Data Wranglers oder Matchmovers genannt) sammeln Daten über Kamera, Linse etc. Sie vermessen das Set.
- Einige Mitglieder des VFX-Teams sind für Referenzobjekte verantwortlich, machen Referenzfotos und sammeln verschiedene Referenzmaterialien.
- Zusätzliches Personal übernimmt spezielle Aufgaben, wie z.B. Modeling Artists, die den Schauspielern beim Scannen und Fotografieren von Sets und Requisiten für das spätere Modeling helfen.
Je mehr (visuelle) Informationen am Drehort gesammelt werden, desto einfacher ist es später, bei Bedarf alles digital zu rekonstruieren.
Der VFX-Supervisor bereitet das Set vor und fungiert als Berater für Regie und Kamera. Außerdem ist er für die Kommunikation zwischen dem VFX-Studio und dem Set verantwortlich.
In dieser Phase gehen die Daten an die Modeling-Abteilung, später sind sie für fast alle Abteilungen relevant.
Der Aufnahmeleiter muss sicherstellen, dass das VFX-Team den Drehplan erhält, über Drehplanänderungen informiert und in die Disposition einbezogen wird.
- 3D-Scan /LIDAR
Zusätzlich zu den Referenzfotos werden häufig digitale 3D-Scans von Kulissen, Requisiten und Schauspielern angefertigt. LIDAR ist ein laserbasierter 3D-Scanner, der sehr detaillierte Modelle von Gebäuden und Umgebungen erstellen kann. Kleinere Objekte (bis hin zu Personen) werden mit einem ähnlichen Gerät gescannt.
Diese Technik kommt nur bei komplexen Kulissen zum Einsatz oder wenn ein extrem genaues Modell (z.B. eine digitale Kopie eines Schauspielers, die auch in Großaufnahme funktioniert) erstellt werden soll.
Diese Arbeit wird von spezialisierten Firmen durchgeführt.
Einige Geräte scannen sowohl Form als auch Farbe. Die Daten werden an die Modellierungs- und Texturabteilung weitergeleitet.
Aus praktischen Gründen (Verfügbarkeit des Motivs, der Schauspieler) werden diese Arbeiten meistens während der Dreharbeiten durchgeführt.
- Rigging
Die hergestellten Modelle sind noch unbeweglich. Man kann sie mit einer starren, unbeweglichen Puppe ohne Gelenke oder einer Tür ohne Scharniere vergleichen. Das Rigging ist eine sehr technische Aufgabe, die von 3D-Artists ausgeführt wird, die ein ähnliches Verständnis für die Bewegung und Interaktion von Objekten haben wie ein Ingenieur.
Das Rigging von Figuren ist besonders kompliziert, da verschiedene Schichten von Knochen, Fleisch und Haut simuliert werden müssen.
Sobald ein Rig fertig ist, wird es von Animatoren getestet und geht dann an den Rigger zurück. Das Rig wird so lange verfeinert, bis sich das digitale Modell natürlich bewegt und effizient animiert werden kann. Diese Arbeit setzt sich manchmal bis in die Animationsphase fort, da mit optimierten Rigs bessere Animationen erstellt werden können. Wenn außergewöhnliche Bewegungen erforderlich sind, werden die Modelle für einen bestimmten Shot mit einem neuen Rig ausgestattet.
- Motion Capture
Motion Capture ist ein Tracking-Verfahren, mit dem jede Art von Bewegung erfasst, aufgezeichnet, weiterverarbeitet und in 3D-Modelle übertragen werden kann. Dabei können die Bewegungen der ganzen Person oder nur einzelner Körperteile wie Hände oder Gesicht und Mimik erfasst werden.
Die aufgezeichneten Daten werden an die Animationsabteilung weitergeleitet und dort bearbeitet.
Wird mit Schauspielern gearbeitet, findet das Motion Capturing während der Produktion statt. Bei der Arbeit mit Statisten (oft Tänzern) ist man freier in der Planung.
Es ist auch möglich, Kamerabewegungen aufzuzeichnen. In diesem Fall wird das Camera Tracking (13) vereinfacht oder sogar überflüssig.
- Live Action Footage
Das VFX-Team erhält das Live-Action-Footage aus dem Schneideraum. Das VFX-Studio arbeitet mit Bildmaterial, das zumindest im Rohschnitt bereits freigegeben ist (Locked Picture). Um aber noch Spielraum zu haben, werden die VFX-Arbeiten vor und hinter dem Shot noch etwas verlängert. Dieses zusätzliche Material wird Handle genannt. In der Regel sind das 4 bis 24 Frames.
Bei größeren VFX-Produktionen übernimmt der VFX-Editor die Kommunikation zwischen dem VFX-Studio und dem Schneideraum. Außerdem ist er für die Verwaltung des Materials innerhalb des VFX-Studios zuständig.
Post-Production
Die Post-Production, die oft als die heiße Phase für das VFX-Team bezeichnet wird, ist die Zeit, in der die VFX zum Tragen kommen und ihre volle Wirkung entfalten. Nach Abschluss der Dreharbeiten beginnt die intensive Arbeit. Hier zeigt sich, ob sich die umfangreiche Planung und Vorbereitung sowie die präzise Arbeit am Set gelohnt haben.
In dieser Phase der Filmproduktion zeigt sich die entscheidende Rolle des VFX-Teams. Alle vorbereiteten digitalen Assets, die während der Pre-Production und der Dreharbeiten entwickelt wurden, müssen nun nahtlos in das Filmmaterial integriert werden. Es ist eine Zeit, in der akribisch an der Umsetzung der visuellen Effekte gearbeitet wird, was oft eine Herausforderung darstellt, da jedes Detail perfekt passen muss.
Die Post-Production zeigt auch, wie gut die verschiedenen Abteilungen der Filmproduktion bis jetzt zusammengearbeitet haben. Das VFX-Team ist in hohem Maße von der Qualität der Aufnahmen, der Lichtgestaltung und anderen Aspekten der Produktion abhängig.
Das Zusammenfügen der einzelnen Teile des Films in der Post-Production ist vergleichbar mit dem Zusammensetzen eines Puzzles. Jedes Teil muss genau an seinem Platz sein, um das Gesamtbild zu vervollständigen. Diese Phase ist entscheidend für den Erfolg des Films, denn hier wird das Endprodukt geformt und zum Leben erweckt. Hier zeigt sich, ob alle Anstrengungen und die Zusammenarbeit der verschiedenen Teams zu einem harmonischen und überzeugenden Gesamtbild geführt haben.
- Grading
Sobald der Filmscan oder das digitale Bild im VFX-Studio eintrifft, beginnt das technical grading. Colour Grading ist ein Prozess, bei dem Änderungen an der Beleuchtung und den Farben vorgenommen werden. In diesem Schritt werden die Shots so aufeinander abgestimmt, dass es keine sichtbaren Helligkeits- und Farbsprünge gibt, wenn die Shots nacheinander abgespielt werden. Das Creative Grading, bei dem der "Look" des Films festgelegt wird, übernimmt später der DOP in Zusammenarbeit mit dem Coloristen in einer DI (Digital Intermediate) Suite. Dies gehört in der Regel nicht zu den Aufgaben des VFX-Teams. Das Technical Grading ist kein kreativer Arbeitsschritt, sondern eine technische Abstimmung der Shots.
- Plate Preparation
Wenn der Film noch auf Film gedreht wurde, befinden sich fast immer Staub oder chemische Rückstände, die während der Entwicklung entstanden sind, auf dem gescannten Bild. Fast nie ist ein Negativ völlig sauber, so dass ein Team von Compositing Artists die Kratzer oder den Staub retuschieren muss. Dieser Prozess wird oft Dust Busting genannt.
Manchmal ist es auch notwendig, das Bild zu stabilisieren.
Jetzt liegt das Live-Action-Bild im VFX-Studio vor.
- Tracking & Match Move
Wenn sich die Kamera bewegt, wird zunächst ein Camera Tracking durchgeführt.
Es dient in erster Linie dazu, die Bewegung einer Kamera durch eine Aufnahme digital zu rekonstruieren, so dass eine identische virtuelle Kamerabewegung in einer 3D-Animationssoftware wiedergegeben werden kann. Wenn nun neue animierte Elemente in die ursprüngliche Realaufnahme eingefügt werden, sind sie perfekt aufeinander abgestimmt und erscheinen in der richtigen Perspektive. Dieser Prozess wird durch spezielle Tracking-Software (Boujou, PFTrack, Mocha) teilweise automatisiert. Vereinfacht gesagt analysiert die Software die Aufnahme Bild für Bild und rekonstruiert so die Kamerabewegung. Häufig ist jedoch zusätzlich eine manuelle Feinabstimmung erforderlich, damit die virtuelle Kamerabewegung perfekt mit der realen Kamerabewegung am Set übereinstimmt. Die am Set gesammelten Kameradaten, wie z.B. die Brennweite, werden auf die virtuelle Kamera übertragen.
Nachdem das Tracking der Kamerabewegung abgeschlossen ist, wird bei Bedarf das Match Move oder Body Tracking durchgeführt. Dabei wird eine CG-Figur, ein Objekt oder eine Umgebung Bild für Bild animiert und so rekonstruiert, dass sie sich deckungsgleich mit der realen Figur, dem Objekt oder der Umgebung bewegt.
Dieses Tracking ist unter anderem dann erforderlich, wenn ein digitales Element mit einem realen Element verbunden werden soll, z. B., um Hellboy einen digitalen Teufelsschwanz hinzuzufügen, oder wenn eine digitale Kreatur mit realen Elementen interagieren soll.
- Animation
Animation ist der Prozess, bei dem die Modelle mit Hilfe des Rigs zum Leben erweckt werden. In der Regel handelt es sich dabei um Kreaturen oder Figuren, es kann sich aber auch um Fahrzeuge oder andere bewegliche Objekte handeln. Animatoren arbeiten häufig mit vereinfachten Modellen. Diese müssen jedoch detailliert genug sein, um genau positioniert werden zu können. Zu hoch aufgelöste Modelle können jedoch die Arbeit der Animatoren verlangsamen.
Die Animatoren arbeiten mit den Daten aus dem Camera Tracking Verfahren, um die Kamera richtig zu positionieren.
Außerdem werden die Motion-Capture-Daten verfeinert und modifiziert, um die gewünschte Bewegung zu erzeugen.
- Effects Animation
Effekte wie Rauch, Feuer, Wasser usw. werden separat animiert. Für diese Form der Animation werden oft andere Techniken verwendet als für die Animation von Figuren und Objekten.
Meist handelt es sich um Simulationen, die auf mathematischen Algorithmen basieren oder durch Skripte gesteuert werden.
Wie bei der Animation werden auch hier Camera Tracking und Motion Capturing Daten sowie ggf. Match Move Daten verwendet.
- Texturing
Die fertigen Modelle benötigen Texturen sowohl für die Darstellung der Farbe als auch für feine Details wie Poren, Falten, Kratzer etc. Der Texture Artist verwendet teilweise Fotos vom Set und Scans, aber sehr viele Texturen werden von Hand gemalt.
Es werden mehrere so genannte Texture Maps erstellt. Eine Textur kann aus sehr vielen Maps bestehen, die die einzelnen Textureigenschaften steuern. Hier nur einige Beispiele:
- Diffuse Farbmap: bestimmt die Farbe
- Specular Map: bestimmt die Eigenschaften der Lichtreflexion
- Displacement / Bump Maps: für die Darstellung feiner 3-dimensionaler Details in der Oberfläche.
Diese Texturen können sehr hoch aufgelöst sein (bis zu 8K), wenn die Kamera sehr nah an das Modell herangezoomt wird. Da die hochaufgelösten Texturen die Renderzeiten in die Höhe treiben, werden dann meist mehrere Versionen in unterschiedlichen Auflösungen erstellt.
- Look Development
In dieser Phase passt der Look-Dev Artist Texturen, Shader und Licht an, um das endgültige Aussehen des fertigen Modells zu bestimmen. Glanz, Reflexion, Rauheit usw. müssen genau so aussehen wie die realen Objekte am Set. Für Objekte, für die es keine reale Version zum Vergleich gibt, entscheidet der VFX-Supervisor in Zusammenarbeit mit Regie und Kamera, was richtig ist.
Shader sind Softwaremodule, die bestimmte Rendering-Effekte in der 3D-Computergrafik implementieren. Mit Shadern lassen sich alle optischen Eigenschaften einer 3D-Grafik beeinflussen und nahezu unendlich viele Effektvariationen erzeugen. Look Developper arbeiten oft mit der F&E-Abteilung zusammen, wenn ein neuer spezifischer Shader für einen bestimmten Effekt benötigt wird. Einige Look Developper programmieren ihre eigenen Shader.
- Lighting & Rendering
Sobald die Animation und das Look-Dev abgenommen sind, kann der Lighting Artist mit dem Rendern der fertigen CG beginnen. Er verwendet zwar die von den Look-Devs erstellten Shader- und Lichteinstellungen, aber die Look-Dev-Abteilung hat damit nur eine Art Grundbeleuchtung festgelegt. Diese muss angepasst oder ergänzt werden, damit sich die CG-Elemente nahtlos in das reale Bild einfügen, Akzente werden extra gesetzt.
Sobald das Licht gesetzt ist, wird das Bild in mehreren Durchgängen gerendert. Das bedeutet, dass für jedes Element separate Ebenen gerendert werden. So entstehen einzelne Ebenen für Farben, Schatten, Lichter etc. Dadurch ist es möglich, in der Compositing-Phase die Ebenen einzeln genau aufeinander abzustimmen.
Um das Ergebnis zu kontrollieren, setzen die Beleuchter die Ebenen mit dem realen Bild provisorisch zusammen. Diese Phase wird auch Pre-Compositing genannt.
Sogenannte Render Wrangler verteilen die Renderjobs, die oft mehrere Stunden oder sogar Tage dauern können, auf die Hardware-Ressourcen des Studios. Dazu werden Rechner im Netzwerk genutzt, die gerade nicht im Einsatz sind, oder die Render Farm. Eine Renderfarm ist eine Batterie von Rechnern, die ausschließlich für die Ausführung von Renderjobs vorgesehen sind.
- Rotoscoping (Roto)
Oft ist es notwendig, einen Teil des Live-Bildes freizustellen. Meistens werden solche realen Elemente vor einem Green- oder Blue Screen gedreht und mit Hilfe eines sogenannten Keyings freigestellt. Beim Keying wird eine bestimmte Farbe (grün oder blau) aus dem Bild „herausgefiltert“ und so eine Transparenz, eine Maske erzeugt. Leider sind diese vom Programm erzeugten Masken meist nicht sauber genug und müssen nachbearbeitet werden. Manchmal ist es auch nicht möglich, vor einem Green- oder Bluescreen zu drehen oder es waren keine VFX für die Szene geplant. In diesem Fall müssen die Masken ganz oder teilweise von Hand erstellt werden.
Der Rotoscoping Artist erstellt diese zusätzlichen oder kompletten Masken Bild für Bild von Hand. Er zeichnet eine Begrenzungslinie um die Elemente, die freigestellt werden sollen.
Rotoscoping ist eine Vorstufe zum Compositing.
- Additional Plates
Manchmal werden Stock Footage oder Bilder hinzugekauft.
2D Matte Paintings, fotorealistische digitale Gemälde werden als Set-Erweiterung verwendet oder Elemente werden separat gedreht. All diese Elemente werden im Compositing zusammengeführt.
- Compositing
Das Compositing ist der letzte Prozess in der Kette. Hier werden alle CG-Elemente und das vorbereitete Live-Action-Bild zu einem nahtlosen Endbild zusammengefügt. Ein Compositing Artist wendet eine Vielzahl von Techniken an, um alle Elemente so zu integrieren, dass die Aufnahme aussieht, als wäre sie komplett ohne Hilfsmittel gefilmt worden. Ein guter Compositing Artist verfügt über ein ausgezeichnetes Verständnis der Kinematografie und ein gutes künstlerisches Auge.
- Output
In den meisten Fällen liefert das VFX-Studio Einzelbildsequenzen in der gewünschten Auflösung und im gewünschten Format, die in die weitere Post-Production einfließen.
Bei Produktionen, die noch auf Film gedreht und analog vorgeführt werden, muss das digitale Bild auf Film übertragen werden, die sogenannte „Belichtung“, damit ein Negativ erstellt werden kann.
Bei digitalen Produktionen geht das Bild in das Post-Production-Studio, wo es mit dem gesamten Material weiterbearbeitet wird.
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